qrn-logo1
Arlberg-Text

Sonntagstour
10. August 2003

12558 Start.
08:00 - 09:00 München
Pünktlich um 7:45 klingelt das Telefon. Jochen holt mich wie gewünscht aus den Federn. Schweißgebadet stehe ich auf. Auch heute Nacht ist die Temperatur kaum unter 25° C gesunken. Ab unter die Dusche. Kühles Wasser! (Als bekennender Warmduscher fällt leitungswasser-kalt unter Mordversuch) Wenigsten einmal am Tag das Gefühl frisch zu sein.
Die dicken Packtaschen werfe ich noch schnell ins Auto. Heute will ich damit keinen Lupo küssen!
Um 8:25 stehe ich reisebereit vor der Tür. Kaum habe ich mir meine Frühstücks- zigarette ins Gesicht gesteckt, kommt Jochen um die Ecke.
Aus Vereinfachungsgründen gibt es Futter, für uns und die Bikes, später gemeinsam in Wolfratshausen.

09:00 - 09:15 McD Wolfratshausen
Kaum 20 min später sitzen wir beim McD und haben unser Frühstück auf dem Tisch! Jawohl bereits auf dem Tisch! Die Wolfratshauser leiden nicht wie letzte Woche ihre garmischer Kollegen unter Schlafkrankheit. Dafür haben sie hier ein anderes Manko: Wir sitzen bei noch erträglichen Temperaturen auf der Terrasse und alles wäre paletti, wenn nicht so ein Dussel meinte er müsse ausgerechnet jetzt, am heiligen Sonntagmorgen, die anderen Holzbänke abschleifen! What a noise! Und das in Edi Stoibers ureigenem Wahlkreis. Wo bleibt da das "C" aus dem Partei- Namen? Hat der seine Wähler nicht im Griff? Die sollten doch jetzt alle in den Kirchenbänken knien!
Schließlich ist im September Wahl! Und wer nicht in die Kirche geht, weiß ja gar nicht was er wählen soll! Edi, Edi das kann böse enden!


09:30 - 11:00 Wolfratshausen - Plansee
Zurück auf die Autobahn. Dort ist inzwischen einiges los. Es ist sogar soviel los, dass wir lieber gemütlich über die Landstrasse nach Oberammergau fahren, als im üblichen Stau in Eschenlohe zu stehen. Also in Sindelsdorf runter von der Strada. Die Strecke bis Murnau macht auch richtig Laune. Der Teil nach Saulgrub und Oberammergau fällt eher unter "Na ja". Das einzig interessante sind einige alte Trecker, die wohl auf dem Weg zu einem Treffen sind. Von Fendt bis MAN ist alles dabei, was sich vor 30 - 40 Jahren noch auf dem Acker tummelte.

Plansee

Kurz vor Ettal biegen wir rechts nach Reutte ab. Jetzt kommt eine klassische Motorrad-Strecke. Kurve an Kurve geht es durch den Ammerwald.
Vorbei am gleichnamigen Hotel und an Schloss Linderhof bis zum Plansee, der bereits in Österreich liegt.

11:00 - 12:00 Plansee - Hahntenn-Joch
Wunderbar klar spiegelt der blaue See in der Vormittagssonne.
Kurze Foto- und Zigarettenpause. War am Ostende des Sees nur wenig los, so stapeln sich die Sonnenanbeter um so mehr, je näher wir in Richtung Reutte kommen.


Der See ist von dicht an dicht liegenden Bade- tüchern gnadenlos eingekreist. Kein Entkommen möglich. Das heiße Sonnenöl dünstet wie aus einer Bratpfanne bis zur Strasse herauf..
Einmal quer durch Reutte. Wir suchen den Ausgang Richtung Weißenbach, Stanzach, Elmen.
"Lechtal" ist die pauschale Ausschilderung, Es werden keine einzelnen Orte  mehr angegeben.
Ist das eine Konsequenz aus der Pisa-Studie? Waren die Ösis in Geographie so schlecht?

Plansee

Fürs Motorrad etwas zu geradeaus, aber nicht völlig reizlos geht es das besagte Lechtal hinauf.
Nach 20 km biegen wir links zum Hahntenn-Joch ab. Wunderschön, das  Wort passt hier wirklich genau, windet sich die Strasse erst durch den Wald, dann steil durch die Almwiesen bis auf 1894 m zur Passhöhe hinauf.
Auch wenn wir selbst diese Ecke gerade erst entdeckt haben, so ein Genußstück kennen andere auch. Entsprechend hoch ist der Biker- Traffic.

Lechtaler Alpen

Die Abfahrt nach Imst hinunter hat zwar auch unendlich Kurven, aber es geht durch kahle steinige Muren-Landschaften. Der Charme, mit dem Motorrad gewissermaßen leichtfüßig durch die Almen zu schweben fehlt hier einfach.

12:00 - 13:00 Hahntenn-Joch - Arlberg
Das Stück Landstrasse von Imst bis -und durch Landeck hindurch ist wie immer ätzend.
Jedes mal schwöre ich mir, das nächste mal eine Autobahn-Vignette zu kaufen und jedes mal verpenne ich es und schwöre aufs Neue. (Ich glaube das Problem ließe sich nur mit einer Jahresvignette lösen) 

Das nächste Stück zum Arlberg ist auch nicht besser. Zwar gibt es jetzt hin und wieder einen netten Blick in die Berge, aber fahren lassen sie uns hier nicht. Alles ist mit endlosen Überholverboten zugekleistert und auf "begeisternde" 60 km/h beschränkt. Auch das so berühmte St. Anton ist offensichtlich, nur im Winter halbwegs schön.... wenn überhaupt.

13:00 - 14:00 Arlberg - Pause
Nachdem wir den Massenauflauf oben am Arlberg passiert haben, lassen wir uns in einer Kneipe direkt neben einer Liftstation nieder.


Das Frühstück liegt schon eine Weile zurück und ein runder Bauch will auch gepflegt werden.
Die Auswahl ist nicht gerade groß, es gibt nur das, was auf der Tafel steht. Wir sind uns einig: ein Cordon Bleu und ein Spezi. Kostet pro Nase 16,40 EUR. Der Arlberg ist ja nicht gerade für seine Sonderangebote bekannt. Die Füllung des Cordon Bleu mit geräuchertem Schinken oder Wammerl ist zwar etwas eigenwillig, aber die Qualität ist eindeutig besser als das Wiener Schnitzel, das wir letzte Woche in Südtirol vorgesetzt bekamen.

IMG_0311-Arlberg

14:00 - 15:00 Arlberg - Furkajoch
Rauf auf die Bikes und runter vom Arlberg. 2 km nach unserem Ratsplatz verpasse ich erst mal die Abzweigung zum Flexenpass. Die Hauptstrasse geht direkt nach Bludenz weiter. Aber das ist erst später dran. Die schöne Kurvenstrecke über Flexen-Pass (1773m), Hohentannberg-Pass (1679m) und Furka-Joch (1759m) wollen wir uns nicht entgehen lassen. Durch einige Galerien, die zum Schutz vor Lawinen gebaut wurden, kommen wir durch die bekannten Wintersport-Orte Zürs, Lech und  Warth.

IMG_0316

Besonders in Zürs ist tote Hose. Alle Hotels und Läden sind geschlossen. Im Sommer ist das eine Geisterstadt.
Die Strasse windet sich die Berge entlang und macht nach dem Schlauch der letzten Kilometer wieder richtig Laune. Zwar stochern die unvermeidlichen Sonntags- fahrer auch hier durch die hochalpinen Almwiesen, aber gar nicht erst ignorieren.....
Die Strasse wird zum Sträßchen. Gerade, dass man mit dem Bike noch so am Gegenverkehr vorbei kommt. Die PKW müssen sich mit den Ausweichplätzen behelfen..

Die Sonne brennt zwar auch hier gnadenlos vom Himmel, aber auf 1500m Höhe gibt es etwas frischen Wind, der die Temperatur erträglich macht.
Die Berglandschaft ringsum hält Kitschpostkarten taugliche Ausblicke bereit, satte grüne Almwiesen mit glücklichen Kühen, dunkle Latschen bewachsene Hänge und obendrüber zerschrundene Felsgipfel, dezent garniert mit ein paar Schönwetterwolken. Der letzte Schnee ist allerdings der Hitzewelle der vergangenen Wochen restlos zum Opfer gefallen.
Grad schee ist´s.


15:00 - 15:30 Furkajoch - Feldlkirch
Kurzer Stopp auf der Passhöhe des Furka- Jochs. Wir genießen die Aussicht, machen ein paar Fotos, trinken Cola und gespritzten Johannisbeer-Saft und begutachten die zahl- reichen, geparkten Motorräder. Von einer alten BMW R50/3, über ein Honda-Gespann mit Doppelsitzer-Sidecar bis zum Trike ist alles vertreten. Das mit der viel besungenen Berg- Einsam-keit ist schon lange vorbei. Auf alle Fälle dort, wo befahrbare Wege hin führen.
Wir schwingen uns wieder in die Sättel und mit Begeisterung ins Rheintal über Rankweil nach Feldkirch hinunter.

BMW R50/3

15:30 - 16:30 Feldlkirch - Bieler Höhe
In Feldkirch werden schnell die Tanks gefüllt  Nach 300 km ist das durchaus nötig. Doch nichts wie zurück in die Berge, die Hitze ist hier unten im Tal richtig unangenehm.
Über Bludenz fahren wir ins Montafon hinauf. Auch eher eine "Transport"-Strecke als Biker-Genuss. Endlos zieht es sich durch den Häuserbrei. Die Ortschaften sind fast alle nahtlos zusammen gewachsen.
Genauso nahtlos sind die Geschwindigkeits begrenzungen und die Überholverbote. Einzelne Penner stauen lange Kolonnen hinter sich her.
Erst hinter Partenen, am Fuße des Silvretta-Massivs, bewegt sich wieder was.
Doch unser Schwung wird jäh an der Mautstation gestoppt. 10,20 EUR für die Benutzung der Silvretta-Hochalpenstrasse sind pro Motorrad zu entrichten. So ein idiotischer Betrag! 10 EUR glatt hätten es auch getan.

Zum Glück stehen wir allein am Mauthäuschen. Denn bei 10 oder mehr  Fahrzeugen gibt es sicher richtig Stau, bis jeder noch die Münzen aus der Tasche gekramt hat. Ist eigentlich auch ein logistischer Wahnsinn! Wegen 20 Cent müssen unzählige Münzen als Wechselgeld, bereitgehalten, gezählt und wieder zur Bank geschleppt werden. So könnte alles mit Papiergeld geregelt werden  Aber vielleicht ist das auch österreichische Beschäftigungspolitik.
Nach der Mautstation geht´s weiter aufwärts. Kurven und Serpentinen zum Schwindlig-fahren.
Die Durchzugskraft und das exzellente Fahrwerk der BMWs machen richtig Laune. Nie sind hektisches Schalten oder hohe Drehzahlen erforderlich. Völlig unangestrengt schwebt man gewissermaßen den Berg hinauf.
Marvellous! Wie die Amis sagen würden!
Kurze Fotopause am unteren Stausee. Hier ist es wieder angenehm kühl. Dürfte aber immer noch 25°C haben.


16:30 - 17:00 Bieler Höhe - Silvretta
Vorbei an einem Wasserfall, der leider etwas zu weit weg und auch unphotogen im Halbschatten liegt, zur eigentlichen Passhöhe hinauf. Ca. 1 km vor der Staumauer auf der Bieler-Höhe noch ein paar Bilder gemacht. Die Gegend ist selbst für uns als Voralpenland-Bewohner imposant und animiert zum Fotografieren.
Endlich, ganz oben, studieren wir die Schautafel, auf der der ganze Stauseen- und Kraftwerksverbund dargestellt ist. "San scho Hund die Ösis, was die ois mitten in die Berg nei baut ham"  ist der richtige Kommentar eines anderen Touristen.
Das Restaurant direkt über dem Stausee hat aber leider vor fünf Minuten, um 17:00,  wohl wegen Reichtums geschlossen. Diese Geschäftspolitik stößt nicht nur bei uns auf Unverständnis. Na gut, dann tragen wir unser Geld eben woanders hin. Nochmals ein paar Bilder vom Gletscher gegenüber gemacht und es geht jetzt wieder abwärts.

Bieler Höhe

17:00 - 17:30 Silvretta - Galtür
Auch hier ist die Strasse wunderbar.  In leider viel zu kurzer Zeit sind wir schon wieder unten auf halber Höhe in Galltür angelangt.


17:30 - 18:00 Galtür
In Galtür finden wir am Ortseingang ein nettes Restaurant. Wie immer einen Spezi und einen Apfelstrudel mit Vanille-Soße. Der Wirt nimmt es mit dem "heißen" Apfelstrudel etwas zu genau. Wir müssen das Leckerli erst mal abkühlen lassen, damit wir uns nicht den Mund verbren- nen.
Hätte er sich mal zwischendrin kurz sehen lassen, so hätte ich ihm auch noch ein zweites Spezi abgekauft, denn mit jedem Meter den wir vom Berg herunter kamen nahm die Temperatur wieder merklich zu. DURST!!!

Galltür

18:00 - 19:30 Galtür - Fernpass
Immer weiter geht´s ins Tal hinunter und es wird wärmer und wärmer. Meine Montur wird mehr und mehr zum Sauna-Anzug. So langsam laufen mir wieder die Stiefel voll...
Kurz vor Landeck versäumen wir es noch ein nettes Foto zu machen. Hoch über der Strasse spannt sich eine gemauerte Eisenbahnbrücke und direkt neben dem rechten Brückenkopf steht ein Schloss oder so was ähnliches. Alles im warmen Licht der Abendsonne. Ein Bild wie von einer Modell- eisenbahnanlage.
Ich bin grad so im Schwung, dass ich nicht stehenbleiben will und Jochen will nicht alleine stehenbleiben, da ich ja weiter- gefahren bin. Wird Zeit, dass sein Funk endlich geliefert wird.
Unten eieren wir wieder die öde Strecke im Inntal zum Fernpass entlag. Die nächste Vignette kommt bestimmt!

19:30 -. 20:00 Fernpass - Garmisch
Der Fernpass macht diesesmal etwas mehr Laune. Es ist fast kein Verkehr. Die  Ausflügler stehen alle in Nassereith an der Tankstelle und wollen noch billigen Sprit nachfüllen. Wir machen das in aller Ruhe und zum gleichen Preis an der vereinsamten Tankstelle oben auf der Passhöhe.
Zügig geht es in den letzten Stahlen der Aben- dsonne den Fernpass hinunter. Auf halber Höhe biegen wir rechts nach Ehrwald ab.
Diese Schleife bin ich schon lange nicht mehr gefahren.
Von Ehrwald rollen wir unter der abendroten Zugspitze zurück nach Garmisch. Was mich doch jedes mal verblüfft, ist dass das gut 25 km sind. Ich habe diese Strecke, obwohl ich sie bestimmt schon zwanzigmal gefahren bin, immer viel kürzer in Erinnerung. So schön wie die Kurven sind, könnte sie meinetwegen auch 50 km lang sein.


20:00 - 21:15 Garmisch Pizza Hut
In Garmisch gehen wir wie letzte Woche in die Pizza Hut. Ein Pitcher (eine halbe amerikanische Gallone) kühles Spezi für uns beide zusammen (das Zeug kann ich literweise in mich hinein schütten) und  eine Pizza für jeden und schon ist die Welt wieder in Ordnung. Einziger Schönheitsfehler: Der Backofen entläßt anscheinend seine ganze Hitze ins Lokal oder die Lüftung ist bei diesen Außentemperaturen schlichtweg überfordert. Trotz offener Tür wird Essen zur schweißtreibenden Aufgabe. Aber was tut man nicht alles um satt zu werden....

21:15 - 22:00 Garmisch - München
km 13181 Endstand
Auf den letzten Kilometern wird der Schnellgang eingelegt. Was sonst soll man auf nächtlicher. leerer Autobahn auch anderes machen.
Jochen biegt wie letztes mal in Wolfratshausen ab. Der Heimweg über die Dörfer hat es ihm anscheinend angetan.
Erst ab dem Starnberger Dreieck wird es voll. So voll, dass ich, um den Stau am Autobahnende zu vermeiden, eine Ausfahrt vorher abbiege.


Obwohl ich keine Packtaschen dran habe, macht das Vorbeidrücken keinen Spaß.
Besonders, wenn manch lieber Autofahrer das mit entsprechenden Manövern neidvoll zu ver- hindern sucht.
Um 22:00 bin ich wieder zu Hause.
Insgesamt 623 km gefahren und ca. 90 EUR für Sprit, Futter und Maut ausgegeben.
Schöne Tour! Könnte mich direkt an diese Sorte Sonntagsausflug gewöhnen.

Für unsere geplante Runde über die schweizer und italienischen Pässe werden wir uns aber zwei Tage Zeit nehmen müssen. Mehr als die heutige Distanz an einem Tag zu fahren artet in Arbeit aus. Und schließlich sind wir ja zu unserem Vergnügen unterwegs!!!
Der neue Integral-Helm mit Klappvisier hat sich auch bewährt. Zwar noch etwas ungewohnt, aber drückt nicht, sitzt gut, wackelt nicht und hat trotzdem Luft.
Den neuen Kopfschutz gab es, weil ich in letzter Zeit zu viele Geschichten über Leute gehört hatte die mit ihrem Jethelm wortwörtlich auf die Schnauze geflogen waren. Ich denke die 269 EUR sind gut angelegt. Auch das Bombardement von Insekten, kleinen Steinchen und Regen- tropfen direkt und schmerzhaft auf Kinn und Lippen werden ich nicht wirklich vermissen.

Img_0322
W-previous-button W-home-button W-next-button