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Mittwoch 20. September 2006
Camp 4 - Ulan-Bator


Diesen Morgen lassen wir es noch ein bisschen ruhiger als sonst angehen. Wir haben Zeit, so richtig viel Zeit. Nach Ulan- Bator sind es nur noch rund 250 km. Das sitzen wir locker auf einer Arschbacke ab, wie man so sagt.
Es ist der letzte Morgen im Freien und den wollen wir noch mal richtig genießen. Also alles im Zeitlupen-Tempo. Gemütlich frühstücken und gemütlich zusammen packen. 

Unsere Frankfurter sind sowieso noch ge- schockt. Sie hatten in der Nacht eine SMS (ja, das Handy funktioniert hier entlang der großen Strasse) bekommen, in der ihnen Michaels Schwester mitgeteilt hatte, dass der Express- Versand nach UB für ihren in der Heimat bestellten Benzin-Kocher stolze 175,- EUR kos- tet.  What a shock! Plus 200,- EUR für den Kocher haut das ganz schön ins Kontor!


Adieu Wildnis querbeet

Vorallem wenn man mal grob überschlägig nach- rechnet, dass sie allein für die Versandkosten einen mongolischen Super-Luxus-Gaskocher plus etwa 200! Kartuschen bekommen hätten.
Da kann man sich schon ärgern.
Aber zu spät. Das Teil ist bereits unterwegs und soll in den nächsten Tagen in UB ankommen.
So gegen 11:00 sind wir dann doch reisefertig.

Quer über die Steppengras-bewachsenen Hügel zurück zur Hauptstrasse.
Der Teer ist gut und die Kilometer laufen nur so unten durch. Bis, ja bis, das alte Elend beginnt. Aus unserer schön zu fahrenden „Autobahn“ ist eine ganz, ganz üble Schlaglochpiste geworden. Für mehrspurige Fahrzeuge nicht mehr zu bewäl- tigen.


Ein Krater am anderen, bis zu 30-40 cm tief. Sieht eher aus wie ein Schweizer Käse.
Mit den Motorrädern ist das ganz spaßig. Wir fahren Slalom und mit etwas Geschick knallt man nur selten in eines der Löcher. Dann allerdings schlägt die Gabel bis aufs Gebiss durch.
Auf 100 m Strecke legen wir wedelnd, wie beim Skifahren, mindestens 200m zurück.
Für Autos ist das schlicht unfahrbar Deshalb hat sich neben der „Strasse“, wie zu alten Zeiten, eine Multi- Piste entwickelt, über die der gesamte Verkehr rollt.

Schlagloch im Detail

Suzane und Michael fluchen wie die Rohr- spatzen. In ihrem Landrover werden sie heftig durchgeschüttelt.
Zum Glück hören wir das nur, wenn wir einen gemeinsamen, Foto-, Imbiss oder Zigaretten- Stopp machen.
Aber nach gut 50 km ist auch dieses Elend über- wunden. Der Schweizer-Käse ist wenigstens zu einem Flickenteppich zurück mutiert. Hier lässt sich’s wieder vernünftig fahren.
Es gibt zwar auch ein paar Löcher, aber das sind wenige, denen sich leicht ausweichen lässt.

Katastophen-Strasse

An einer Stelle mitten im No-where ist sogar ein einsames Männlein unterwegs, das mit einer Schaufel Sand vom Straßenrand in die Löcher füllt. Er hat keinen Teer, er hat kein Bindemittel und so können wir sogar im Vorbeifahren sehen wie der stetig blasende Wind den mühsam geschippten Sand wieder davonträgt. 500m weiter sind die Löcher wieder genauso leer wie vorher. Selten eine so sinnlose Arbeit gesehen….
Die Landschaft ist auch nicht besonders bemerkenswert,  graubraune, trockene Steppe und grau-braune trockene Hügel.
Es zieht sich….

Flickerlteppich

Nach vier Stunden nähern wir uns Ulan-Bator.  Der Verkehr nimmt zu und über den nächsten Hügel ist schon die dicke, schwarze Rauchfahne der Kraftwerke zu sehen.
Wir kommen durch die ersten Vororte und, mussten wir die letzten Stunden in freier Wildbahn vor allem auf Schafe, Ziegen und Rinder aufpassen, so sitzen anscheinend einige dieser Rindviecher jetzt in den Autos…..
Aber auch wir müssen uns eben erst wieder an Verkehr gewöhnen.

on the road

Noch eine letzte Kuppe und wir stehen am Ortsschild von UB. Nein, keine kleine Tafel wie sie in Deutschland auch Millionenstädte wie München, Hamburg und Berlin bescheiden ankündigt, sondern ein 10 m breites und 5 m hohes Beton-Monster mit meterhohen Buch- staben. Zwar schon etwas vom Zahn der Zeit benagt, zeigt es aber doch mit Stolz: „Hier ist Ulaan-Baatar! Hier ist die Hauptstadt!“
Fotostopp, da können wir nicht vorbei fahren. Das gibt ein schönes Motiv für unsere geplante Postkartenschreiben-Orgie.

Ortsschild Ulan-Bator

500m weiter ist die Stadt-Mautstelle. Motorräder sind erfreulicherweise frei, der Landrover muss 500 Tg  (0,35 EUR) entrichten.
Die nächste halbe Stunde fahren, genauer, stauen wir uns einmal quer durch UB. Wir sind von Westen in die Stadt gekommen und müssen ganz ans östliche Ende, zurück ins Oasis.
Da wir unsere Frankfurter im Schlepptau haben, können wir uns auch nicht zweiradtypisch zwischen den qualmenden und stinkenden LKWs hindurch schlängeln.
Dafür hält uns Michael mit dem Landy den Rücken frei. 

Ulan-Bator

Aber schließlich schaffen wir es, trotz zum Teil heftiger Attacken anderer Fahrer, auch die letzten Kilometer unfallfrei hinter uns zu bringen. Als der Wächter das große Schiebetor öffnet und die ganze Karawane in den Hof hinein fährt, fühle ich mich wie zu Hause.
Uff, geschafft! Fast 2100 km durch die Wildnis und keine Blessuren, keine ernsthaften Pannen, nicht einmal einen Platten, keinen Streit. DAS soll uns erstmal einer nachmachen! Wie schon mal an anderer Stelle gesagt: Es gibt eben Freunde mit denen man um die Welt fahren kann!

zurück im Oasis

Das gesamte Haus läuft zusammen und begrüßt uns. Vorne weg Sibylle mit ihrem anscheinend nie versiegenden Lachen.
Wir beziehen unser „altes“ Zimmer, tragen das Gepäck hinauf und gehen in den Aufent- haltsraum. Jetzt ist erst mal Abhängen angesagt. Kaffee und vor allem Kuchen. Wir futtern uns einmal durch die gesamte Auswahl. Lecker! Darauf habe ich mich schon seit zwei Wochen gefreut!
Wir sitzen alle zusammen und erzählen und erzählen.
Dann machen wir noch einen „spezial deal“ mit Sibylle. Michael und Suzane dürfen sozusagen die beiden leeren, von uns mitbezahlten Betten unseres Zimmers in ihrem Landrover auf dem Hof nutzen.

Aber Sibylle legt sogar noch einen drauf und die beiden bekommen einen eigenen Ger! Wirklich lieb! Überhaupt sind Suzane und Michael völlig überrascht wie nett man doch in UB unter- gebracht sein kann. Einfach und ohne Luxus zwar, aber eben einfach nett!
Sie waren, bevor wir uns trafen, auch schon eine Woche in der Stadt und wohnten in einem primitiven Hotel in einem Plattenbau.
„Durch die Blume gesagt“ meint Suzane „Das war nicht so der Hit“, denn ohne die „Kocheraktion“ hätten sie diesen Großstadt-Moloch nicht mehr freiwillig aufgesucht.
 
„Hier im OASIS, das ist eine echte Oase“ schwärmt sie.
Nomen est omen!


Nach der Kuchen-Orgie gehen wir dann auch mal zum Duschen. Ist dringend nötig und tut auch richtig gut. Die Haare kleben nicht mehr, der Teint wechselt von Staub-grau auf Sonnen- braun, dann noch einen Satz frische Klamotten und wir fühlen uns wie neu geboren!
Bevor die Küchenfee in den Feierabend entschwindet ordern wir noch was zum Abend- essen (so ein richtig deutsches Schweine- Schnitzel mit Pommes!) und bitten Sibylle den Kühlschrank reichlich mit Bier zu füllen.

Kuchenschlacht

Seit sie eine, allerdings mongolische, Gesell- schaft hier hatte, die im Rausch die halbe Ein- richtung zerlegt hatte, handhabt sie das mit den frei verfügbaren alkoholischen Vorräten ziemlich restriktiv.
Aber wir haben den Status des „anonymen Alkoholikers“ bereits hinter uns gelassen und sind als notorische „Säufer“ zum Glück ver- trauenswürdig.

Ich bekomme auf mein Bitten hin sogar einen Schlüssel für die abends abgeschlossene Ver- anda-Türe, so dass ich draußen rauchen kann, ohne erst durchs halbe Haus laufen zu müssen. Drinnen rauchen ist zwar generell erlaubt, aber an einem langen Abend würde ich die Hütte doch ziemlich verqualmen.
Ich kann es selbst als Raucher nicht ertragen, wenn dann beim Frühstück alles nach kaltem Rauch stinkt.


So sitzen wir gemütlich den ganzen Abend, bauen die Notebooks auf, tauschen Bilder und ratschen, als ob wir uns seit Wochen nicht mehr gesehen hätten.
Aber es gibt auch genug zu erzählen. Uns interessieren, wie gesagt, besonders die Erleb- nisse die M+S auf ihrer Reise durch Russland gemacht haben, da wir ja nächstes Jahr auf diesem Weg nach Hause fahren werden.

Irgendwann, ein gutes Stück nach Mitternacht, verschwinden wir in unsere Betten. Wie immer bin ich der letzte …

... wie ein Neuer!
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